Donnerstag, 15. Mai 2008

Erfahrungswerte

Nach mehr bewegten 2 Monaten, welche wenig Zeit zum bloggen liessen, ist es wieder an der Zeit, all jenen die es interessiert, mein "vida porteña" zu erlaeutern.

Nachdem diese zwei Monate natuerlich nur schwer detailgetreu aufzuarbeiten sind - aufgrund einer Fuelle von Ereignissen, Hochs&Tiefs, durchgemachten Naechten, verschlafenen Tagen, Begegnungen der lateinamerikanischen Art und Mate-lastigen Lern-Sessions, will ich es bei den relevantesten Themen belassen

* UADE - Universidad Argentina de la Empresa
* "El conflicto con el campo"
Agrarpolitische Wirtschaftskrise in Argentinien
* "El humo"
Beissender Smog ueber Buenos Aires
* Die WG zeigt ihr Gesicht
* Oesterreich - Sissy adé
* GEBURTSTAG in B.A.
* Das Wetter

... schon jetzt muss ich zur allgemeinen Entaeuschung anfuegen, dass die wenigstens Themen ausreichend fotografisch festgehalten wurden. Ein bisschen was wird es dennoch zu sehen geben ;-)

Ich bin nun offiziell "Estudiante de Intercambio". Der eigentliche Grund meines Kommens rueckt in den Vordergrund. Die Uni hat begonnen ... zwar schon im Maerz, ist also auch schon nicht mehr ganz wahr, aber es sollte wohl an einem gewissen Punkt in diesem Blog mal erwaehnt werden, nachdem die FH Steyr (angeblich) meinen Blog auf ihrer Homepage verlinkt hat, um nachfolgenden Austauschsstudenten einen Eindruck von der Auslandssemester-Option "UADE - Buenos Aires" zu vermitteln ...

Die UADE: durchaus prestigereiche - weil teuere - Privatuni mit Wirtschaftsschwerpunkt in B.A. Exklusive Lage an der stets pulsierenden Avenida 9. de Julio, der ehemals breitesten Strasse der Welt; DEM Postkartenmotiv von Buenos Aires schlechthin.

Architektonisch betrachtet ist die Uni nicht unbedingt wegweisend - gewisse Aehnlichkeiten mit einem Hallenbad-Komplex lassen sich nicht abstreiten. Die Innengestaltung des Gebaeudes ist extravagant: die meisten Klassenraeume gleichen Aquarien - Glasfront zum Gang und verglaste Fensterfront; In den Gaengen wurden spinatgruene Gumminoppenboeden verlegt und das teils offen verlegte Lueftungssystem laesst manche Raume bedrohlich niedrig erscheinen.
Gleich am Eingang gibt es Check-in/Check-out-Schalter, bewacht von Securities, durch die man nur mit seiner Studentenkarte kommt; besonders aergerlich ist dieses System fuer Leute, die in der Frueh bis zur Unzurechnungsfaehigkeit verschlafen sind und zu Vergesslichkeit neigen - da soll es schon vorkommen, dass man in der Frueh den Weg zur Uni mehrfach zuruecklegen muss.
Das grosse Plus meiner WG: 2 Blocks, 2 mal ums Eck und schon bin ich an der Uni. Angesichts vergessener Check-in-Karten und der teils unzumutbaren Zustaende in den oeffentlichen Verkehrsmittel am Morgen ein unbezahlbarer Luxus. Jeder, der sich schon mal morgens von Palermo nach Microcentro begeben musste, weiss worum es geht: Subte @ tokyostyle. Full Body-contact.

Was es weiters zur Uni zu sagen gibt ...
Anwesenheit ist Pflicht - zumindest zu 75%. Der Unterricht ist okay - soweit ich das beruteilen kann; soll heissen: es gibt zum Teil Verstaendnisschwierigkeiten. Unsere Faecher sind auschliesslich auf Spanisch, da das Angebot an Englisch-sprachigen Kursen stark beschraenkt ist. Abgewickelt werden die Faecher jeweils in 4-Stunden-Bloecken mit Pausen - abhaengig vom Vortragenden.
Die Pausen verbringt man dann vorzugsweise in einer der ENDLOSEN Warteschlangen vor den Coffeeshops die abscheulichen Kaffee und leckere Croissants verkaufen, auf der Dachterasse mit spektakulaerer Aussicht ueber die Stadt oder dem grosszuegig angelegten Innenhof - jedes Mal wieder ein beeindruckender Mikrokosmos: angehende Wirtschaftssbosse in dunklen Anzuegen, laessig qualmend; bunte Herrscharen von Textildesignstudenten, die einen aussehen lassen, als wuerde man noch immer von der Mutti angezogen werden; Erstsemestrige und Austauschstudenten die verloren in der Gegend rumstehen; Heftig gestikulierende und kichernde Kleingruppen von "besten Freundinnen" ... gewisse Stereotypen haben internationale Gueltigkeit.

Effektiv kommt man somit jedenfalls auf ein bisschen mehr als drei Stunden ... mehr waere auf den Puppenhaus-Sesseln der Uni wohl auch nicht zu ertragen. Hier ist definitv am falschen (Sitz)Platz gespart worden.

Im Rahmen des Unterrichts gibt es stets Berge von Skripten zu lesen - diese holt man sich in den einem der unzaehligen Copy-Shops rund um die Uni ab. Bei welchem man sich das benoetigte Skript abholen kann ist allerdings nicht immer leicht herauszufinden. Mit dem Beschaffen der Skripten kann man also schon durchaus einen ganzen Nachmittag verbringen.

Interessant zu sehen ist, wie unterschiedlich hier die Schwerpunkte liegen - Themen wie Agrarwirtschaft, Lebensmittelindustrie. Wechselkurse, Wirtschaftsgeschichte (ein fortlaufendes Drama an gescheiterten Radikalreformen), Inflation sowie das verheerende Landesimage bei internationalen Geschaeften sind hier ein ganz grosses Sache ... waehrend also beispielsweise in Oesterreich in beliebigen, fiktiven Fallbeispielen von Automobilzulieferern, Spezialmaschienenherstellern und reibungslosen Exporten in EU-Laender die Rede ist, geht es hier um Soja, Trockenmilchpulver, Wein, Dulce de Leche, Zollangelegenheiten, hohe Wechselkursrisiken und Inflation oder die Frage wie sich ein argentinisches Unternehmen positionieren kann trotz des schlechten Images seines Herkunftslandes.

Das Online-System der Uni ist ueberzeugend. Keine laestigen Wartungsarbeiten, funktioniert stets einwandfrei und sieht ausserdem noch gut aus. Wenn man es einmal geschafft hat, sich erfolgreich einzuloggen (3 verschiedene Log-Ins!), findet man hier alles was man braucht. Die Sicherheitsschranken sind allerdings bedenklich. Vergisst man sein Passwort, gibts eine geheime Frage die da lautet "An welcher Uni studieren Sie?" ... hmm ... ich schaffte es trotz allem die Antwort beim ersten Mal falsch einzugeben. Es reicht "uade" einzutippen - man muss es nicht mal ausschreiben.

Das fuer Auslandsstudenten zustaendige International Office vermochte aufgrund seiner - sagen wir - verwirrenden Kommunikations- und Informationspolitik bis dato nicht wirklich zu ueberzeugen.

Inzwischen gibts es auch schon Pruefungserfahrungen. Das erste "parcial" ist vorueber. Es gibt Zwischenpruefungen. Die Professoren erweisen sich nach einem persoenlichen Gespraech als entgegenkommend und versprechen sprachtechnische Huerden zu beruecksichtigen und ersparen uns Irrelevantes. Was keinesfalls heissen soll, dass es einfach war. Der Lernaufwand ist gewaltig - allein schon wegen dem Spezialvokabular ... Resultate stehen noch aus. Grundsaetzlich sieht's gut aus; mit einer Ausnahme. Die Logistica I Pruefung geraet zum Debakel: schwierige genug den Vorlesenden aufgrund seiner Sprechweise im Unterricht zu verstehen, wurden gewisse Themen des ausufernden Skrips, entgegen der Versprechen, doch pruefungsrelevant.
Man wird sehen ob ein "Recuperatorio" noetig sein wird.

El Conlficto con el Campo
Auf die Frage ob es Anlass zur Sorge gaebe, ob es denn eine Krise geben wird, meint meine charmante, argentinische WG-Kollegin Mercedes - Mate in der einen Hand, Zigarette in der anderen, einen Cracker mit Dulce de Leche bestreichend - im Mono-Ton "Argentinien ist IMMER in einer Krise". DAS ist eine fundamentale Aussage die man immer beachten muss, um dieses Volk zu verstehen. Argentinien - ein Land das es wie kein Zweites verstanden hat, seinen einstigen Reichtum systematisch zu zerstoeren und so gut wie alle wirtschaftspolitischen Probleme in eine Krise zu verwandeln - ist stets am Rande oder mitten in einer Krise.

Die neueste Krise machte sich mir eines Nachts beim Braten meiner Hamburger bemerkbar - von draussen dringt ein eigenartiger Laerm in die Kueche. Draussen auf dem Balkon bietet sich mir ein eigenartiges Schauspiel: UEBERALL in der inneren Stadt stehen die Leute auf ihren Balkonen, ihren Dachterassen, in ihren Fenstern und in den Strassen und trommeln mit Besteck auf Kochtoepfe ein - so wie zu Zeiten der grossen Krise 2001.
Es ist beeindruckend. In der Stadt schwillt eine duestere Klangwolke des Protests an. Dieser Abend markiert den Beginn einer sich bis heute fortsetzenden Serie an Demonstrationen.

Landarbeiter, Bauern, Nahrungsmittelversorger etc. etc. am Land sind auf Grund eines neuen Gesetzes in einen Drohstreik getreten und blockieren die Versorgung der urbanen Zentren des Landes. Was, warum und wieso laesst sich leicht im Internet nachlesen - dieser Blogbeitrag sprengt so oder so schon die uebliche Laenge des Ertraeglichen; eines vorweg: es ist kompliziert - ich habe bis heute nicht den vollen Umfang der verschachtelten Krise verstanden.
Tatsache zu der Zeit war: Ein Nahrungsmittelengpass in der Stadt stand an - machte sich bei einem Einkauf bemerkbar. Die gesamte Fleischtheke - das Herz eines jeden argentinischen Supermarktes - ist leer. Hamsterkauefe am Vortag und Versorgungsstopp. Die urbane Bevoelkerung protestiert.

Am naechsten Nachmittag schon gibt einen Protestmarsch und 3 Tage spaeter ist die gesamte Innenstadt mit Bussen zugeparkt die Demonstranten in die Stadt bringt fuer einen riesigen Aufmarsch. Niemand ist so schnell im organisieren von Riesendemos wie die Argentinier! Wohl notgedrungen spricht "La Christina" in einem riesigen Event, der mir bis heute bizarr erscheint, auf der Plaza de Mayo zum Volk um die Lage zu beruhigen. Das ganze entpuppt sich in erster Linie als Propagandaveranstaltung - und wie ueberall huldigt sie natuerlich dem argentinischen Nationalstolz. Die anwesenden Demonstrantengruppen sind ein - im wahrsten Sinne - bunter Haufen aus Kooperativen, Gewerkschaften, Sozialverbaenden, Selbsthilfegruppen und so weiter. Evita ist allgegenwaertig.
Kompliziert sind die Positionen: Der urbane Mittelstand protestiert teils gegen die Regierung, teils gegen die Argrar-Produzenten und Arbeiter, gemeinhin "El Campo" gennant; die wiederum rennen strikt Sturm gegen die Regierung. Die Krise dauert in gemilderter Form bis heute an ... es kriselt also schon seit Monaten. Die Versorgung steht zwar schon laengst wieder aber die politische Stabilitaet des Landes ist - wieder mal - angeschlagen und es gibt stets neue Verhandlungen, Drohungen auf beiden Seiten und immer wieder kleinere bis mittlere Kundgebungen in der Stadt- aber das ist hier ohnehin schon lange nichts Aufsehenerregendes mehr.

Koennte es noch wirklich ernst werden, Mercedes? "Diesen Monate nicht mehr. Eher Endes des Jahres, warten wir mal ab. Vielleicht sollte ich meine Erparnisse mal in Sicherheitbringen. Vamos a ver" lautet die Antwort im "mir-ist-so-bluemerant-zumut'"-Ton, bevor sie genuesslich in ihren Dulce-de-Leche-Cracker beisst, hinzufuegend "Vorher koennte es noch zu einem Staatstreich der Rechten kommen. Die werden wahrscheinlich die Krise aufbauschen, die Regierung beschuldigen und danach versuchen abzuloesen". Hier stockte mein interkulturelles Verstaendnis. Wie kann man mit SOLCHEN Aussichten leben? ... kein Wunder also, das Buenos Aires sich mit New York die hoechste pro-Kopf-Dichte an Therapeuten und Psychologen weltweit teil und das die Argentinier uns fuer unflexible und wenig spontan halten - sie muessen jederzeit damit rechnen ihr Leben umzukrempeln.

Zum ersten Mal realisiere ich, wie tief die Probleme dieses Land tatsaechlich wurzeln. Ein seit Jahrzehnten korrupter Staatsapparate, instabile Waehrung,ein marodes Finanzsystem und eine stets ungewisse Zukunft haben das Land und noch viel mehr die Leute ausgeblutet.
-> Krise in Argentinien
-> Krise in Argentinien

El Humo
Buenos Aires hat eine boese Schwester. Sie heisst "Malos Aires" und fiel eines Nachts ueber uns her ... so haette es wohl zumindest die Zahnputztante vom Lungen-Resort erzaehlt.
"Malos Aires" titelten die Zeitungen treffend als der Rauch "El Humo" kam. Es began eines Abends mitte April als dicker Smog und wiederlicher Geruch (wieLagerfeuer aus nassem Holz und Autoreifen) sich ueber die gesamte Stadt ausbreitete.

Besonders schlimm wurde es an dicht befahrenen Strassen, weil auch gleich noch die Abgase in diesem Dunst haengenblieben. Das ganze stank, brannte in Augen/Nase/Hals, verursachte Husten und man hatte das Gefuehl schlecht Luft zu bekommen - es war scheusslich in jeder Hinsicht. Der Kohlenmonoxid-Spiegel der Stadt war zu dieser Zeit vervierfacht (!) - in einer Stadt die auch unter normalen Umstaenden von einer Lawine Katalysator-freier Gefaehrte aus der Steinzeit ueberrollt wird, mag das was heissen.
Quelle der Katastrophe waren ausser Kontrolle geratene Brandrohdungen hunderte KM noerdlich der Stadt - ein boeser Wind brachte den Rauch zu uns. Es wurde geraten die Fenster nicht zu oeffnen und moeglichst im Haus zu bleiben. Die sichtweite in der Stadt war massiv eingeschraenkt, der beissende Geruch fand seinen Weg ueberall hinein. Das wahre Desaster offenbarte sich aber ausserhalb der Stadt.
Es kam zu fatalen Massenkarambolagen auf Autobahnen auf Grund mangelnder Sicht, weiter im Norden - wo die Smog-Konzentration bereits ein toxisches Level erreicht hatte - verliessen viele voruebergehend ihr Zuhause wegen der schlechten Luft ...

Das ganze erschien unwirklich. Aufgrund einer Soja-Grossbauern welche dieses Jahr flaechenmassig mit der Brandrohdung uebertrieben hatten, befand sich eine ganze Metropole in einem Ausnahmezustand.
Aber diese Stadt heisst nun mal so wie sie heisst ... und sie kamen - nach gut einer Woche - schlussendlich doch: die guten Luefte - guenstige Winde - und vertrieben die boese Schwester.
Staendig was am Laufen hier - kaum Zeit zum DURCHATMEN!
-> Rauch ueber der Stadt

Die dunkle Seite der Stadt zeigt sich auch in anderer Gestalt. Zu Zeiten der grossen Proteste raten uns die Professoren abends den kuerzesten Weg nach Hause zu nehmen und nachts nicht auf die Strasse zu gehen. Ein gute Kollegin aus den USA entkommt nachts beim Aufsperren ihrer Wohnungstuer, nur 2 Blocks von meinem eigenen Haus entfernt, nur knapp und mit viel Glueck einer Vergewaltigung - was blieb sind ein blaues Aug, Schrammen, eine Plaztwunde auf der Stirn und die Angst. Mercedes kommt eines Abends ohne ihrem Handy aus der Subte. Einem Kollegen wird an einer Ecke in San Telmo sein Geld abgenommen. In den Taxis, Strassenmaerkten und manchen Kiosks bekommt man Falschgeld zurueck. Vice City.

Die WG zeigt ihr Gesicht
Nachdem im Jaenner die WG nur mit halber Besetzung lief und ich den ganzen Februar ueber auf Reisen war, hatte ich eigentlich keine wirkliche Ahnung davon, mit wem ich eigentlich die Wohnung teile. Dafuer war nun genug Zeit. Da haetten wir mal die Vermieter: Paulo und Mercedes - das kettenrauchende, charmant-verschrobene Vermieterpaar. Der Kern - sozusagen die "Eltern" - der WG. Wahre Porteños - von Geburt and und verliebt in ihre Stadt. Paulo ist ein grosses Kind mit Hang zu den verruecktesten Verschwoerungstheorien, einem Biorhytmus jenseits der Vernunft. Mercedes steht mit beiden Beinen fest auf dem Boden, ist nicht aus der Ruhe zu bringen und klagt stets ueber Muedigkeit. Wenn man mal nicht weiterweiss hat man in ihnen stets einen Freund und Berater.

Weiters waere da noch Louis, der stets schmaeh-fuehrende Portugiese. Seit 4 Jahren schon in der Stadt; Gourmet und Chefkoch der WG. Ausserdem noch Teil der Fixbesetzung: Mariana - die linksgerichtete Madrilenerin mit Hang zu dramatischen Gesichtsausdruecken und einer beeindruckenden duester-rauchigen Stimme, welche sie genauso wie ihr klassisch-edles aber schwer verstaendliches Spanien-Spanisch lautstark bei politischen Diskussionen am Kuechentisch einsetzt.

Von den vorruebergehenden Gaesten im letzten Zimmer unserer Riesen-WG ist Allyson, die energiegeladene Amerikanerin mit wienerisch-juedischen Wurzeln und dem Akkordeon wohl wichtig zu erwaehnen. Die Wellenlaenge stimmt sofort und gemeinsam rennen wir die Clubs ein, testen neue Restaurants, sehen verrueckte Stummmfilme aus den 20ern im MALBA, besuchen eine Messe in B.A.s groesster Synagoge, veranstalten Abendessen fuer 15 Leute; Wir teilen meinen Nostalgie-Computer und beeintraechtigen durch konsequentes Kommunizieren auf Englisch unseren Spanisch-Level.

Zusammen mit weiteren interessanten Bekanntschaften wie der lieblich-verrueckten Finnin Rebecca, dem stets locker-laessigem Italiener Simone oder der "lady-like" Britin Rachel enstand hier zwischenzeitlich eine unterhaltsame, interessante internationale Gemeinschaft - alle aus unterschiedlichen Motiven in B.A. Bedauerlicherweise sind jedoch schon alle mit Mai wieder zurueckgekehrt - was bleibt sind die Kontakte und neue Plaene fuer neue Reisen zu neuen Freunden =)

Oesterreich - Sissy adé
Meine Heimat rief im Ausland bis dato ja eine Vielzahl an Assoziationen hervor, sofern "Austria" nicht schon im vorhihein als Australien missverstanden wurde.

* Sound of Music
* Sissy, Mozart, Sachertorte
* Hitler, 2. Weltkrieg ... und Joerg Haider (unglaublich aber wahr; selbst in Argentinien)
* Skifahren, Alpen, Huettengaudi

waeren bis hierher die meistgenannten.

Aufgrund zweier grausamer Verbrechen hat sich das allerdings dramatisch geaendert. Bereits vor dem Drama in Amstetten, wurde ich beim Stichwort Austria bereits nach "Natascha" gefragt ... das Verbrechen von Amstetten steigert diesen Effekt noch um ein vielfaches.

Um eine Vorstellung davon zu geben, wie sehr dieser Fall um die Welt geht: unlaengst gab es im argentinischen Fernsehen zur Hauptsendezeit eine Spezial-Diskussions-Runde zwischen Psychologen, ueber die moeglichen Beweggruende des Taeters, seinen (psychologischen) Werdegang etc. etc. Das Drama von Amstetten verzerrt die Idee von Oesterreich (voruebergehend ?) sogar soweit, dass ich derzeit zurueckhaltend bin, wenn es um meine Herkunft geht: Oesterrreich, ein Land das hier nicht allzusehr praesent ist, prangt im Zeichen des Vebrechens, auf den Titelseiten; argentinische Kollegen fragen aus welcher Stadt ich denn genau komme und ob ich schon mal in Amstetten gewesen sei; Verkaeuferinnen werfen sich
nach der Antwort auf die Frage, woher ich komme, duestere Blicke zu ...

Es ist vielleicht nicht der guenstigste Zeitpunkt fuer den Staatsbesuch von Alfred Gusenbauer. Der is(s)t naemlich auch gerade hier; Steak vorzugsweise, mit Praesidentin Kirchner und deren Freund und Berater Ex-Bundeskanzler Viktor Klima - einem der wichtigsten Industriellen
Argentiniens ...
-> Oesterreich - Heimat bist du grosser Soehne.


Ausserdem hier aus Wien: meine UADE-Kollegin Stefanie von der FH-Wien. Gemeinsam sind wir auf der Suche nach B.A.s bestem Kaffee, was darin resultierte, dass sie sich eine Espresso-Kanne gekauft hat und wir in ihrem ultra-schicken Appartment in Recoleta unsere aufkeimende Grossstadt-Neurose pflegen, bei Cafe latte und Medialunas.

Geburtstag in B.A.
Alles andere als guenstig gelegen, gilt es am 30. April wieder mal meinen ... aehm ... 22! Geburtstag zu feiern. Die Paryvorhaben kollidieren leider mit den Pruefungsterminen; nun gut - an meinem Geburtstag soll mich das nicht hindern.

Als erstes an meinem Geburtstag wird mein Visa faellig - nach einem 3-woechigen, illegalen Aufenthalt im Land, mein erstes und wohl letztes Geschenk seitens der Rindfleisch-Republik. Um es zu bekommen, musste ich fuer ueber 3 Stunden in einem Lagerhallen-artigen 3-Welt-Buero am Verkehrsknotenpunkt Retiro, eingekesselte zwischen gefuehlten hundert peruanischen und bolivianischen Immigrantenfamilien, eine endlose Buerokratieprozedur ueber mich ergehen lassen.

Dann bilde ich mir ein, dass eine Veraenderung her muss - man neigt dazu seine Alterung ueberzubewerten. Ein neuer Haarschnitt soll es sein. Ich habe es schon einmal geschafft, auf Spanisch meine Vorstellungen von einem Haarschnitt zu forumlieren, also mach ich mich guter Dinge auf zum Friseur meines Vertrauens ... die dominikanische Friseuse die angeblich Praktika in Berlin und Mailand hinter sich hat spricht selbst kaum Spanisch und wenig Englisch ... das haette ich moeglicherweise kritischer sehen sollen. Das Resultat ist erschreckend. Mein Haarschnitt vereint die politischen Lager: von vorne sieht´s rechtsradikal aus, von hinten linksradikal und von der Seite waere ich wohl eher als Arnachist einzuschaetzen gewesen.
Ich hatte Glueck, dass der Herbst um diese Zeit schon Einzug erhalten hatte - es gab voruebergehend genug kalten Wind um das Tragen einer Haube zu rechtfertigen.
Nach nunmehr zwei Wochen wird das Erscheinungsbild ertraeglich - Alter schuetzt vor Torheit nicht.

Die WG nimmt die neue Erscheinung mit ein paar Aufjuchzern und einem Laecheln entgegen. Wie auch immer. Sie ueberrascht mit einem Geburtstagsdinner - Star des Abens: Paulo - mit seiner beindruckenden Kuchenkreation: flaumiger Teig mit Frucht-Nuss-Fuelle, das ganze ertraenkt in einer Creme-Vanille-Sauce. ¡Impresionante! Geburtstag gerettet.
Weiter gehts auf eine UADE-Party skandinavischer Kollegen, anschliessend Clubbing in Puerto Madero und Minimal-Techno-After-Hour in Downtown. Nach diesem Geburtstag fuehle ich mich in der Tat um 1 Jahr aelter.


Es wird kalt in B.A. Die Taxis gluehen zwar nach wie vor wild die 9. de Julio entlang, in der vollgepackten SUBTE rinnt einem noch immer der Schweiss runter, in den vollgestopften Clubs kocht um 7 Uhr frueh nach wie vor die Luft und die Sonne scheint unweigerlich - aber der Herbst erhaelt Einzug in die Stadt. Die schlecht isolierten Fenster, nicht funktionierenden Heizungen, die Wintermoden- und Grippeimpfungs-Anzeigen machen sich jetzt bemerkbar. Die erste Verkuehlung sucht mich heim.

Warten wir den Winter ab und sehen wir, ob es auch heuer wieder auf Grund des Klimawandels (?) Schnee in Buenos Aires gibt. Die Stadt soll ja immer wieder fuer eine Ueberraschung gut sein.

Mittwoch, 2. April 2008

Fernverkehr

Ich bin wieder zurueck! In der Stadt sowie in der virtuellen Welt.

Nachdem mein Laptop gestorben ist, hab ich mir einen gebrauchten, argentinischen Computer zugelegt - das Paket aus einem zusammengestoepselten Stand-PC und einem FETTEN Monitor kommt inklusive diesem nostalgischen "Beginn der digitalen Aera"-Gefuehl. Oldschool das Teil - aber es funktioniert; und wie! :D

Dieser Blog ist nicht tot - er war nur aus den oben erwaehnten technischen Umstaenden im Wachkoma - jetzt gilt es einiges nachzuholen ;-)

Zu Beginn, ENDLICH die versprochene (wenn auch stark gekuerzte - Fotoupload ist nervtoetend!) Fotostrecke, um einen ungefaehren Eindruck von meiner Argentinien-Rundreise im Februar/Maerz zu vermitteln. Mit Flugzeug, Bus, Jeep und Bahn gings ca. 15.000 km quer durch das 8. groesste Land der Welt.

Von der Haupstadt, meiner temporaeren Heimat, dem urbanen Moloch, geht´s in den tiefesten Sueden, nach Patagonien:

*endlose Weiten durchzogen von schnurgeraden, oft nicht-asphaltierten Strassen
*extremer Wind. immer und ueberall
*Seen, Steppen, Gletscher, schneebedeckte Gipfel









































































Von dort reisen wir weiter in den Nord-Westen, in die Anden-Region Salta, nahe Bolivien:

*Hoechste Hoehen und aggressive Sonne
*Faszinierende Berg- und Gesteinsformationen
*Kulinarische Highlights: Lamafleisch, schwarzer Mais, Salta-Bier
*Salzwuesten, Steppen und gigantische Schluchten
*Indiogene Kultur und spanische Kolonialarchitektur
























































































Zuletzt geht's in den tropischen, nord-oestlichen Gipfel Argentiniens, zu den beruehmten Wasserfaellen im RIESIGEN Nationalpark von Iguazu:

*Wasser, Wasser, Wasser
*Wald; jede Menge, jede erdenkliche Pflanze, tiefstes Gruen
*Einer der wohl schoensten Flecken Erde die ich bis jetzt gesehen habe.



































































Unsere faszinierende Reise voll von Naturschoenheiten, Superlativen, kulinarischer Highlights (wer einmal argentinisches Steak - mit der obligatorischen Flasche Malbec dazu - probiert hat, versteht um dessen legendaeren Ruf), interessanten Begegnungen, kleiner Katastrophen, mittlerer Abenteuer und grosser Momente endet schlussendlich Anfang Maerz in Buenos Aires.

Schoenen Dank an die Eltern die alles mitgemacht, mitorganisiert, miterlebt, ertragen, fotografiert und bezahlt haben ;-) *danke*










Nun geht´s an die Arbeit ... und ans Vergnuegen. Die Sommerpause in Argentinien ist vorbei!

Die Uni geht mit vollem Karacho los. Es gilt nun, sich in der monstroesen Uni zurechzufinden, die unzaehligen Kopien und Unterlagen zu beschaffen und das Spanisch-Lernen voranzutreiben.

Die Veranstaltungskalender der Stadt platzen aus allen Naehten. Das Nachtleben tobt - noch viel mehr als zuvor. Laufend neue Kontakte und Bekanntschaften erfordern mehr als je zuvor an 3 Orten gleichzeitig zu sein.

Es ist gut wieder/noch immer hier zu sein.