Freitag, 25. Januar 2008

Change Management


Die Dinge ändern sich. Manche leider nicht. Mein Spanisch zum Beispiel. Ich stecke derzeit fest. Das bißchen, was ich bis jetzt drauf hab geht zwar schon schneller über die Lippen, und es reicht, um die Komplikationen des Alltags zu bewältigen; für nette Konversation, Small-Talk kompliziertere Bestellungen und vor allem zum Studieren ist es unzureichend.

Ich müsste eigentlich schon längst täglich studenlang Vokablen lernen, nur hält sich die Motivation in Grenzen. Mühsam ist das, und die Vergessenskurve geht ziemlich steil bergab.

Die Pläne mit der Sprachschule wurden meinerseits auch auf Eis gelegt, nachdem Robert berichtet hat (der ja schon zuvor damit angefangen hat), dass das ganze nicht sonderlich effektiv ist. Vorerst. Der Plan wurd also geändert und wir haben uns jetzt noch mal eine Woche Zeit gelassen um unser Spanisch weiterhin auf eigene Faust aufzupolieren. Nächste Woche gehts dann wirklich los mit professionellem Training. Mal sehen.

Die Reisevorbereitungen für meine Eltern hinken auch noch - da muss sich was ändern.

Zuerst gab's mal ein unglaubliches Theater mit den Aerolineas Argentinas - welches damit
endete, dass ich den DOPPELTEN Preis für die Tickets nach Patagonien zahlen musste, weil ich Europäer bin. Dennoch kann ich nun 3 Tickets in den tiefsten Süden Argentiniens mein Eigen nennen. Dazu musste ich mich allerdings zuerst mal mit ihrem komplizierten Online-Reservierungssystem herumschlagen, um dann draufzukommen dass ich ohnehin nicht bezahlen kann, weil nur Visa akzeptiert wird. Eine in ARGENTINIEN ausgestellte Visa-Card!

Also musste ich mich in die offizielle Verkaufsstelle begeben um dort meine Tickets abzuholen. Auf nach Downtown/Microcentro. Wiedermal. Zusammenreißen, tief Luft holen und rein ins innerstädtische Getümmel, dahin, wo sich das urbane Leben zu einem nicht abreißenden Strom an Menschen verdichtet.

Der gigantische Verkaufsposten der Aerolineas beherbergt mehr als 20 Schalter; hinter jedem eine smarte, gutaussehende, ein bißchen englisch-sprechende Mitarbeitern der nationalen Airline - nur hinter einem saß eine fossile Schnecke, mit zu schwacher Lesebrille, zusammgepressten Lippen und leiser Stimme. Die bekam ich. Natürlich.

Nach einer Ewigkeit, in der sie meinen Pass nahezu zerlegt hatte, erklärte sie mir dass ich mehr zahlen müsste, weil ich ja scheinbar nicht Argentinier bin (Überraschung!).
Dann untersuchte sie, einer Archeologin gleich, meine Kreditkarte. Mastercard. Sie dachte wohl eher man könnte es essen - nachdem sie aber akzeptiert hatte, das dem nicht so war "durfte" ich ENDLICH bezahlen. Nach einer Ewigkeit im den schwach klimatisierten HQs der Aerolineas hatte ich endlich meine Tickets.

Nach diesem finanziellen Diskriminierung war klar: Fliegen ist teuer, nehmen wir den Bus. Ab in die U-Bahn, auf nach Retiro, zum Busterminal. Einem Basar gleich reihen sich hier die Langstreckenbusanbieterverkaufsbüros aneinander. Ohne Rumfackeln rattert die Dame hinterm Schalter von FlechaBUS den Zeitplan und die Kosten für die erfragte Fahrt runter. Ich will mich fast ducken angesichts soviel Zack-Zacks. Innerhalb weniger Minuten dreht mir die resolute Verkäuferin also 3 DeLuxe-Bustickets nach Salta an - zum Preis von EINEM Flugticket. So kann's auch gehen.

Für 3 Tage am Strand in Pinmar gibts 2 Tage später das selbe Programm. Problem hier: es scheint ganz Buenos Aires ans Meer zu pilgern. Es ist nahezu unmöglich, ein Hotel zu bekommen. Daran wird derzeit noch gearbeitet. Ich hoffe das ändert sich bald ;-)

In der WG ändert sich nicht viel. Es wird nur endlich wieder mal ein wenig mehr auf Sauberkeit geachtet, nach den ausaufernden Barbareien in der Küche letzte Woche. Derzeit bin ich außerdem ein wenig auf Rückzug bedacht. Mein Spanisch macht all die Gespräche so mühsam und ich krieg Kopfweh von dem ständigen BlaBla das ich nur teilweise verstehe. Ein erstes Tief folgt unweigerlich.

Auch meine Essensgewohnheiten ändern sich langsam. Mehr Fleisch und Dulce de Leche (DIE argentinische Caramel-Creme; es gibts nichts Süßes, das NICHT mit Dulce de Leche gefüllt,
überzogen, aromatisiert oder versetzt ist).Mit dem Essen hab ich allerdings noch zu kämpfen. Mein letzter argentinischer Imbiss - 6 Uhr früh, nach der legendären, dienstäglichen Drum'n'Bass Nacht im Bahrein (wieder mal) - war ein Kampf. Das käftig-deftig-leckere Menü "Criolla" - das sich als doppelt so umfangreich wie auf dem Plakat angezeigt herausstellte - zu verspeisen, glich dem Versuch die Avenida 9. de Julio bei grün zu überqueren: schon bei der Hälfte weiß man nicht mehr, ob man es bis zum Ende schafft. Ein Berg aus Rindfleich mit Salat, Tomaten und Mayo garniert, hineingepresst in ein französisches Baguette, dazu Pommes und Pepsi.

Auch die Dulce-de-Leche-Naschereien (Törtchen, Taschen, Schnecken, Kipferl usw.) haben es in sich - jede geschätze 1,5 bis 2 Millionen Kalorien. Aber zum Dahinschmelzen gut - gibts an jeder Ecke in den unzähligen Confiterias und Panaderias.

Des weiteren hab ich von Kaffee auf Mate umgesattelt. Mate ist hier Kult. Jeder trinkt ihn - den koffein- und mineralstoffreichen Wundertee; und das in rauen Mengen. Ich jetzt auch.
Kaffe war gestern. Spätestens seit dem gescheiterten Versuch einen Café cortado im Tortoni einzunehmen - ähnlich den Megaclubs muss man hier inzwischen vor der Tür endlos Schlange stehen um hineinzukommen; ins älteste und berühmteste Café Argentiniens; aber wozu anstehen? Um Kaffee zwischen zahllosen amerikanischen Touristen und Backpackern zu trinken?

Ich koch meinen Mate lieber zuhause, während nebenan die gigantische 50er-Jahre-Nähmaschine der Mutter meines Vermieters rattert. Diese entzückende, ältere, leicht gruftige Porteno-Lady, besucht uns (eigentlich ja ihre Nähmaschine die hier stationiert ist) regelmäßig, um Tischdecken, Polsterüberzüge und ähnliches zu nähen, während sie sich eine Zigarette nach der anderen an ihren Zigarettenhalter steckt und so ganz nebenbei noch mexikanische Telenovelas verfolgt.

Meine Mobilität in der Stadt beschränkt sich soweit noch immer auf U-Bahn, Taxi und Muskelkraft.
Nach unzähligen Versuchen habe ich es nun endlich geschafft, den legendären "Guia T" - DER Busplan für Buenos Aires - zu bekommen. Das Teil war soweit in allen Zeitschriftenläden - das sind diese Straßenstände deren Angebot sich hauptsächlich auf Softcore und Lifestyle beschränkt (soviel zum "Machismo" - jeder sollte mal erlebt haben wie die gesamte männliche Passagierschar auf den U-Bahnsteigen der SUBTE innehält, um sich die auf den Bildschirmen des Subte-TV räkelnden Bikinimodels zu begaffen ;-).

Ein Blick in das sagenumwobene Druckwerk und ich weiß, dass Busfahren nach wie vor keine Alternative ist - noch nicht. Das Busnetzt ist völlig irrational - der Guia T versucht verzweifelt dieses Chaos geordnet aufzulisten; auf über 180 Seiten! Soweit also keine Changes in diesem Bereich ... höchstens vielleicht, dass ich etwas vorsichtiger geworden bin, was das nächtliche umherlaufen angeht. Nach meinem letzten Nachtmarsch durch San Telmo ist mir klar geworden, dass man hier keinesfalls zu leichtsinnig werden darf. Auch die Geschichten die mir einige hier arbeitende Ausländer erzählt haben, rufen mir wieder ins Gedächtnis, dass ich hier eben doch in Südamerika bin ...

Auch sonst tut sich nicht viel. Ich stecke ein wenig in meiner Freizeit fest. Fast beneide ich meine Kollegen im Ausland ein wenig, um ihren Uni-Alltag, der ihre Zeit kostbar macht und unzählige Sozialkontakte zu Einheimischen und Ausländern ganz von selbst ermöglicht. Ist halt erst im März soweit.

Von Besuchen des japanischen Gartens und des MALBA (kleines, aber sehr feines Museum für moderne Kunst), ein paar Bier mit Robert in einer schrägen Las-Vegas-Bar in Palermo Viejo, Sushi in Puerto Madero und ein paar nächtlichen Taxifahrten durch das Lichtermeer von Buenos Aires mal abgesehen, gabs keinerlei erwähnenswerte Aktivitäten - und das angesichts eines üppigen Kunst- und Kulturprogramms. Beschämend. War wohl der obligate Durchhänger nach der ersten Euphorie.

Nach 2 Wochen in Buenos Aires ist es jetzt Zeit für veränderung. Weniger Shopping, mehr Programm; Weniger Fortgehen, mehr SPRACHE.
Auf in den Kampf!

Mittwoch, 16. Januar 2008

Kompetenzzentrum

Das staatliche Finanzkompetenzzentrum hat meinen Lohnsteuerausgleich überwiesen. Freude kommt auf. Jeder Euro ist Mehrwert! Was also machen wenn Vater Staat sich großzügig zeigt? Sich selbst großzügig zeigen! Es ist wieder Zeit für Shopping!

Ein Handy steht aus. In einer Stadt wie dieser geht ohne Mobiltelefon gar nix. Fixe Treffpunkte auszumachen scheitert schon allein daran, dass in dieser Stadt eben nix fix ist.

Pass und Kreditkarte eingepackt und los geht die Suche nach einem PERSONAL-Shop - Personal ist der hier so ziemlich am stärksten verbreitete Mobilfunkanbieter. Im ersten Shop werd ich das Gefühl nich los, dass mich der Typ übers Ohr hauen will. Er versucht es auch; nicht mit mir - als kritischer Konsument durchschau ich sein widerliches "Du-bist-Tourist-also-zock-ich-dich-ab"-Spiel und mach mich, nach einer Notlüge aus dem Staub und weiter zum nächsten Shop in die Florida - die stressreichste Einkaufsstraße der Stadt. Ich bekomme ohne Probleme alles so wie ich möchte - ein unkompliziertes, billiges Wertkartenhandy dass nicht länger als dieses Semester überleben muss.
Über die Kompetenz des Verkäufers lässt sich streiten:
das sein Kumpel, der 10 Minuten nach mir das Geschäft betritt, dazwischen geschoben wird und vor mir bedient wird, war mal ganz klar. Das er länger als eine halbe Stunde brauchte um mein Handy zu aktivieren und den Kauf abzuwickeln blieb mir ein Rätsel. Trotz allem bin ich nun stolzer Besitzer eines argentinischen Wertkartenhandys. Ein Schritt weiter auf meinem Weg zum seriösen Porteño (Bewohner von Buenos Aires).

Danach irre ich noch ein wenig in Downtown herum. Zwischen all den prunkvollen Häuserblocken vergangener Epochen, den Glaspalästen der Banken und den zahllosen gutaussehenden Passanten fühl ich mich klein und unbedeutend. Mein nach wie vor unzureichendes Spanisch macht die Sache nicht besser. Nach einem gediegenen Capuccino für 1 Euro in der gepflegten Avenida de Mayo schnapp ich mir Taxi und flüchte aus der Hektik Downtowns ins gechillte Palermo. Nach einer gescheiterten Suche am Vortag, werde ich diesmal sofort fündig: PURO, DAS Kompetenzzentrum für kreative, frische, argentinische Mode. Angesichts des sich vor mir ausbreitenden Angebots an Schuhen, Taschen und Kleidung ringe ich nach Luft - der Blick auf die Preise kostet mich fast das Bewusstsein - die Taschen ab 15 Euro!

Mit den zwei unglaublich herzlich-freundlichen Verkäuferinnen und der Designerin - ebenfalls anwesend - komm ich sofort ins Gespräch. Alle Artikel sind von ihr Entworfen und werden am Rande von Buenos Aires hergestellt. 100% hecho en Argentina. Die verwendeten Stoffmuster sind teilweise noch Orginiale aus den 70ern, erzählt mir die Designerin, welche ihr Handwerk hier in Argentinien studiert hat; außerdem ist sie auch gleich noch die beste Freundin einer Sprachlehrerin in der Danila-Wasser-School in der ich demnächst anfangen werde, um mein Spanisch aufzupolieren.

Nachdem ich die Scheibtruhe zuhause lassen hab' und ich die Einkäufe diesmal mit der U-Bahn heimbringen muss (irgendwo muss gespart werden) fällt meine Entscheidung auf ein todschickes Paar Sneakers mit Tasche - colour-coordinated!
Einen massiven Ledergürtel nimm ich auch noch gleich mit, um die Sache abzurunden. Der Spass kostet mich knappe 80 Euro. Noch während ich meine Kreditkarte zücke kommt mir fast eine Freudenträne aus. Ich schwebe aus dem Laden. Bestellungen werden jederzeit angenommen ;-)

In Palermo Viejo gönn' nich mir noch ein kleines Päuschen in einem der unzähligen Straßencafés dieses Barrios. Zurück nach Hause mit der U-Bahn - ein Fehler. Es ist noch immer Rush-hour. Die Szenen die sich hier abspielen, sind wohl maximal noch mit dem zu vergleichen, was man aus Tokio gesehen hat. Menschenmassen, zusammengepresst, wälzen sich durch die unterirdischen Gänge der "Subte" (U-Bahn von B.Aires).
Man bekommt kaum Luft und leichte Panik. Die ersten 2 Züge kann man nicht nehmen, da sie zum bersten mit Passagieren gefüllt sind. Man ist froh, wenn man überhaupt Platz zum Stehen am Bahnsteig hat.

Zuhause ist viel los. Heute sind zwei neue Bewohner angekommen. 2 Franzosen, gerade zurück von einer Argentinien-Abenteuer-Reise, mit spannendem Akzent. Die WG ist ein wahrer Segen. Um soziale Kontakte brauch
ich mir in der anonymen Großstadt keine Sorgen zu machen.

Was macht die Uni?
Urlaub würd ich sagen. Derzeit Sommerferien - wenn die nicht wären, wär wohl Hitzefrei. Die UADE ist eine eindrucksvolle, riesige Uni gleich in meiner Nachbarschaft. Das Gebäude nimmt einen ganzen Block ein. Bei unserem
ersten Besuch begrüßt uns Meline vom International Office mit Küsschen und Smalltalk.

Wegen der Kurse gibts noch Probleme - ein paar die wir laut unsere Matchmatrix machen sollten, werden nicht angeboten. Aber wir - Robert und ich - arbeiten an einer Lösung.

Das Nachtleben hält sein hohes Niveau. Dienstag abend - die Hitze raubt mir den Schlaf. Ein Blick auf buenosaliens.com.ar erinnert mich daran, dass más160 im Bahrein - DEM Kompetenzzentrum für Drum'n'Bass-Addicts - ist. Plötzlich fällt auch noch ganz spontan mal der Strom im Block aus - nichts wie weg!

Es regnet in Strömen - dankbarer Weise. Die Stadt kühlt wieder ab. Den Parties tut das keinen Abbruch. Die Stimmung kocht ab 2 uhr früh, die Musik und der Club sind ganz nach meinem Geschmack. Nach 4 Uhr früh schleppe ich mich erschöpft nach Hause.

Was für eine Stadt!

Sonntag, 13. Januar 2008

Krisenmanagement

Alles gut geklappt soweit.

Kein Probleme mit dem Visum (das war durchaus eine Zitterpartie!) und dem Transfer vom Flughafen zur Wohnung. Meine WG in Stadtzentrum bestehend aus einem Portugiesen (Louis; der WG-Chefkoch), einer Guatemaltekin (Linda; tanzt, lacht und redet den ganzen Tag), einer Spanierin (gerade auf Reisen) und zwei Argentiniern (Paulo & Mercedes, das Vermieterpaar) ist ungemein nett, freundlich, hilfsbereit und komplett spanisch-sprachig (was mir derzeit noch Probleme bereitet aber jeden Tag ein bißchen besser wird), die Wohnung zwar ein wenig verwildert aber sehr groß, die Infrastruktur in der Nachbarschaft großartig, die Lage der Wohnung ideal (Downtown und nur ein paar Blocks von der Uni) und ich habe Zimmer mit Aussicht.

Die Stadt ist überwältigend. Je nachdem in welchen Barrio ich mich befinden, habe ich immer wieder das Gefühl in einer anderen Stadt zu sein: das super-saubere, modern-chique Hafenviertel Puerto Madero, das mondän-pariserische Recoleta, das wuchtig, amerikanisch anmutende Microcentro, das lässig-coole Palermo und und und. Überall Parks und Bäume. Großartiges Wetter: Sonnenschein und die „guten Lüfte“ (stetiger Wind) welche die Abgase vertreiben.

Die günstigen Preise für Lebensmittel, Café, Essen gehen und Transport machen das Leben hier angenehm. Das Nachtleben scheint hier erfunden worden zu sein: die Porteños feiern und tanzen mit einer Inbrunst die Ihresgleichen sucht – in den zahlreichen Clubs, Diskotheken und Bars der Stadt kann man sich JEDE Nacht aufs Neue davon überzeugen. Thema Sicherheit ist im Grunde auch kein Thema. Von den Vorstadtghettos und einigen wenigen fernen Stadtteilen, in die man ohnehin nicht kommt wenn man nicht will, kann man sich hier nahezu problemlos frei bewegen. Tag UND Nacht.

Wo ist also die Krise? Keine Einwanderungsbehöre die mir mit Gefängnis droht, wenn ich kein echtes Visum vorweisen kann; Keine Kriminellen die mir ein Messer an den Hals drücken um an ein paar Pesos zu kommen. Kein Smog der mir den Atem nimmt. Keine Schimmel-WG mit geldgierigen Ignoraten; keine europäischen Höllenpreise die mir den Spass am Auslandssemester kürzen könnten. Wer/Wo/Was ist das Problem?!

Das Problem ist auf jeden Fall (2 Fälle) männlich. Und im Fall 1 heißt es Lukas … Kolb!

Meine Bankomatkarte – Quell aller Lebensfreude (die kostet bekanntlich) – ist verschwunden. Einfach so. Einmal Geld abheben gegangen, danach nicht mehr verwendet. Diebstahl unwahrscheinlich: die Geldtasche und der restliche Inhalt sind noch da. Tja, was machen? Zuerst mal: die Nerven wegschmeißen, sich grün und blau ärgern und sich fragen wie es eigentlich weitergehen soll – muss ich zusammen mit den Cartoneros Papiermüll sammeln gehen, um mein Leben hier zu finanzieren? Warum bin ICH so unglaublich anfällig auf solche Unglücke. Selbstmitleid schlägt um sich. Aber: eine Krise verlangt nach Management. Und das sieht so aus: Telefonwertkarte kaufen (anders kann ich von hier aus sonst keine internationalen Telefonate führen) und die Karten-Sperrhotline anrufen … und die Tatsache hinnehmen, dass dieser „Spaß“ knapp 40 Euro kostet.

Als nächstes: die Mutter kontaktieren – in Zeiten der Krise wissen die am besten wie man weitermacht. Und in meinem Fall kommt die meine in einem Monat ebenfalls nach Argentinien und kann mir eine neue Karte mitnehmen. Dann sagt mir Louis (der Portugiese) dass ich im Notfall mit Pass und Kreditkarte bei den großen Banken Geld beheben kann. Situation – so einigermaßen – gerettet.

Fall 2: das Problem ist auch diesmal männlich. Name unbekannt. Nationalität: Argentinier.

Freitagnacht. Erster Tag in B.Aires. Das muss gefeiert werden. Meine erste Partynacht in Buenos Aires. Club-Hopping ist angesagt: so viel los – so wenig Zeit. Die Entscheidung fällt auf Minimal Techno im Crobar und House&Schaum-Party im Amerik. Alles läuft gut. Die Leute; die Musik; die Stimmung. Um halb 3 früh komm ich im Crobar an. Die Party fängt gerade an.

… weiter ins Amerik. Dort geht es gerade so richtig los. An der Bar anstellen. Una cerveza, por favor! Ich bewege mich langsam Richtung Tanzfläche. Mal schauen was so läuft. Plötzlich rammt mich von hinten ein ignoranter Porteño. Mich schmeißt es fast hin. Meine NEUE Brille fliegt zu Boden. Mitten in den Schaum der in Massen von der Decke stürzt (Schaumparty -_-). Zwei nette Argentinierinnen sind sofort zur Stelle und helfen mir bei der Suche. Vergeblich. Brille 3 Tage lang getragen – und schon weg. Was machen. Das Teil war teuer. Ohne geht gar nix.

Krisenmanagement: Fielmann-Kundendienst anschreiben. Ich bin schließlich versichert. Ich weiß nicht genau auf was und wogegen, aber DAS muss drin sein. Ich bin Stammkunde! Zwar weit weg von Fielmann-Gefilden aber der im Kauf inkludierte Versicherungsschutz sagt mir fürs erste Jahr eine komplette Absicherung gegen alle Unglücke zu. Ausgang bis dato ungewiss. Ich kann nur hoffen, dass die Fielmann-Versicherung hält, was sie verspricht! Ausreichend Kontaktlinsen und Reservebrillen habe ich glücklicherweise mit.

Die ersten 2 Tag waren fordernd: Ankommen, neue Stadt, neue Leute, erste Eindrücke, Sonnenbrand, Sprachschock, Party, Shopping, Gewaltmärschen, Katastrophen und mein Krisenmanagement auf dem Probestand.

Mir geht’s bestens. Wie geht’s euch?
Grüße an alle – wo immer ihr seid! =)

Beschaffung


Hat man das Spiel mit den Taxis erstmal heraus (nur weil das Taxi „libre“ anzeigt, heißt das noch lange nicht, dass man mitgenommen wird. Stimmt die Richtung und die Stimmung des Taxistas nicht, wird man auf Kollegen verwiesen) kann man sich den wichtigen Dingen des urbanen Lebens widmen. Einkaufen zum Beispiel.

Alltägliches gibt’s gleich von gegenüber im Supermercado einer chinesischen Einwandererfamilie. Von „dm-Artikeln“ über Wasser, Fleisch, Brot und Kühlregalprodukten bis hin zu Spiritousen, Wein und Quilmes (DAS argentinische Bier) bekomm ich hier alles und das 7 Tage die Woche bis Mitternacht.

Gleich daneben sitzt der Obst- und Gemüsehändler; hier krieg ich für 50 Cent so viel Gemüse dass es gleich mal für einen Salat für die gesamte WG reicht.

Cafés, Bars, Trafiken und Snackshops gibt’s an wirklich jeder Ecke. Die Straße entlang über die Anvenida 9 de Julio, ums Eck in die Alsina gibt’s das Palacio Alsina – ein Megaclub bei dem um 4 Uhr früh eine Menschenschlange – einen Häuserblock lang – auf Einlass wartet. Auch für Unterhaltung ist in unmittelbarer Nachbarschaft gesorgt.

Komplizierter wird die Sache wenn’s um Mode und Stilartikel gibt: geschmacksneutral-international-teuer gibt’s Downtown in den gigantischen Shoppingmalls, Casual kriegt man in der Florida – eine kilometerlange Fußgängerzone; die argentinische Version der Mariahilfer-Straße.

Soll’s speziell sein führt kein Weg an Palermo Viejo vorbei: DER Barrio schlechthin für kultiviertes Shopping; cooles, frisches, argentinisches Design; Kaffee in freundlicher Atmosphäre und den kleinen bis großen Hunger zwischendurch. Das Angebot an individuellen Läden mit museumstauglichen Auslagen ist spektakulär, die Gegend malerisch und die Bandbreite des kulinarischen Angebots reicht von argentinisch bis zypriotisch. Für ein Cola, Brötchen, einen „ensalada de rucola“ (welcher sich als riesige, familientaugliche Salatschüssel enpuppt), göttliche Ravioli gefüllt mit Spinat und Hühnchen in Sahnesauce und einen Espresso zum Abschluss zahle ich nicht mal 10 Euro.

Nicht nur die frische, erschwingliche Mode argentinischer Kreativer, sondern auch die Dichte an stylishen, gutaussehenden, jungen Leuten macht diese Gegend zu einem must-go für jeden Besucher dieser Stadt. Ich komm‘ bald wieder, denn ein Pflichkauf steht noch aus: Schuhe und Taschen bei Puro (zapatillaspuro.com.ar)! ;-)

Transportplanung

Nach einer schier endlosen Reise
  • von Gaspoltshofen mit dem Auto nach München (2,5 h)
  • 2 h Wartezeit in München
  • von München Flug nach Paris (2 h)
  • fast 5 h Wartezeit im – architektonisch spektakulären – Terminal 2 des Charles de Gaulle Airports Paris
  • von Paris Flug nach Buenos Aires (13 h)
sind WIR (Robert, Ich und die Wenigkeit meiner Spanisch-Kenntnisse) endlich da, wo wir hingehören. Im Taxi.
  • Nochmals 30 min in die Stadt, direkt vor meine neue Haustür in Montserrat; Downtown.

Bereits bei unserer ersten Taxifahrt bekommen wir eine Kostprobe der ungeheuren Gesprächigkeit der Taxifahrer des Capital Federal: Bei jeder Taxifahrt ist eine Zusammenfassung der Stadtgeschichte, Berichte zur Lage der Nation, Tipps und Empfehlungen zum Nachtleben und Besichtigungen, Anekdoten zum berüchtigten Stadtverkehr etc. etc. gleich im (Dumping!)Fahrpreis mitinbegriffen.

Die Preise sind mehr als überzeugend und die U-Bahn unberechenbar. Mein erster und bis dato letzter Versuch die U-Bahn zu nehmen endete damit, dass ich 15 min bei geöffneten Türen und brütender Hitze darauf wartete, dass wir endlich abfahren würden; Taten wir aber nicht – irgendwann wurden wir darüber aufgeklärt dass es einen technischen Defekt gäbe; Ausgang unbekannt. Bin also ausgestiegen und auf Taxi umgestiegen – für schlanke 3 Euro bringt mich das schwarz-gelbe Radiotaxi in kürzester Zeit von einem Barrio (Stadtviertel) in den nächsten. Das mag was heißen, angesichts der Tatsache, dass jedes Viertel hier die Größe einer gesamten österreichischen Kleinstadt (Steyr) besitzt.

Eine Taxifahrt durch Buenos Aires ist ein einmaliges Abenteuer – gewürzt mit jeder Menge Adrenalin. Hier scheint es sie noch zu geben: die Führerscheine aus dem Automaten. Das Verkehrsverhalten der Porteños (Bewohner von Buenos Aires) ist Beweis dafür.

Dennoch sind die Taxistas der Stadt unverzichtbar für die Mobilität seiner Einwohner: Spätestens in der Nacht, wenn es darum geht die bombastischen Clubs der Stadt heimzusuchen, merkt man schnell, dass ohne Taxi nichts geht: zu groß sind die Distanzen zwischen den über die Stadt verteilten, angesagtesten Clubs der Stadt, zu kurz ist die Nacht.

… ich mach mich also auf den Weg: durch diese Stadt, durch dieses Semester, durch dieses Abenteuer in der Stadt der guten Lüfte. BUENOS AIRES.